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Wenn ich das geschafft habe, dann schafft das jeder, ganz bestimmt

StiefmütterchenStiefmütterchen war alkohol- und nikotinabhängig
Nahezu jedes Kind der 50er Jahre wächst mit dem Bild auf, dass das Rauchen in der Familie eben dazu gehört. Mama rauchte, Papa rauchte, zumindest bis zum zweiten Herzinfarkt und Onkel und Tanten qualmten auch, was das Zeug hielt. Als ich in das Alter kam, in dem es in der Clique einfach dazu gehörte zu qualmen, war meine Raucherkarriere praktisch schon vorbestimmt. Hatte ich Anfang der 60er noch Leistungssport betrieben, gingen mit der Pubertät meine Lebensinhalte nun in eine ganz andere Richtung, nämlich Party, Alkohol und Freund. Ohne Zigarette??? unvorstellbar, denn sie stärkte vermeintlich mein Selbstvertrauen und reduzierte, bei der angestrebten Streichholzfigur, den Appetit.

Im Alter von 25 Jahren schon so abhängig, dass ich ohne Alkohol den Tag nicht mehr bewältigen konnte

Was danach folgte, habe ich ja schon im Forum geschrieben. Langsam und schleichend gewöhnte ich mich an Alkohol. Ich musste das Alkoholtrinken regelrecht trainieren, denn vertragen konnte ich ihn nicht. Mit den Zigaretten ging es mir ähnlich, denn mein niedriger Blutdruck vertrug sich überhaupt nicht mit dem Zigarettenrauch. Was dann unweigerlich folgte, war eine Karriere als Alkoholikerin. Ich war im Alter von 25 Jahren schon so abhängig, dass ich ohne Stoff den Tag nicht mehr bewältigen konnte. Parallel dazu stieg mein Zigarettenkonsum auf 20 Giftstängel am Tag und wenn das Geld reichte, auch mehr ! Dem Himmel sei Dank - Die Alkoholabhängigkeit konnte ich abgeben, als unser Sohn in die Schule kam. Irgendwie wusste ich, dass ich genug gesoffen hatte. Ich habe mich damals im Juli 1986 selbst zur Entgiftung eingeliefert und seitdem bedeutet mir Alkohol überhaupt nichts mehr.
Meine Raucherkarriere dauert leider eine ganze Weile länger. Warum hätte ich auch aufhören sollen? Ein Laster muss der Mensch ja haben, sagt man doch immer! Dass ich damit progressiv meine Gesundheit aufs Spiel setzte, wusste ich zwar, aber ein Grund zum Aufhören, war das noch lange nicht. Da musste erst Schlimmeres kommen, was mir dann keine Wahl mehr ließ und dieser Moment kam auch. Vielleicht gerade noch rechtzeitig.
Meinen Hilferuf hier im Forum vom 4. Mai 2015 hab ich mir ausgedruckt! Eigentlich brauche ich das gar nicht mehr schriftlich, denn dieser Morgen ist mir in so eindringlicher Erinnerung, dass ich mich an jede Minute erinnere. Meine Güte, ging es mir dreckig! Trotz Inhalator und diverser Medikamente bekam ich kaum noch Luft! Rauchen, das ging immer noch, zwar mit Mühe, aber das Gift musste einfach rein in die Lungen!
Irgendwie war aber an diesem Morgen etwas anders. Zum ersten Mal fühlte ich mit Gewissheit, dass ich nicht mehr lange leben würde, wenn ich weiter qualme! Ich weiß nicht mehr, was ich damals bei Google eingegeben habe, irgendwas mit „Hilfe beim Rauchstopp“ oder so! Dass ich dann praktisch sofort hier im Forum gelandet bin, war sicherlich ein Wink des Schicksals. Ich habe mich hier angemeldet und hatte das Gefühl, mich dafür sofort wieder mit einer Zigarette belohnen zu müssen.

Die ersten Tage waren dabei gar nicht mal so schlimm

Stattdessen bin ich heulend zum Mülleimer gegangen und habe alles, aber auch wirklich alles, was mit der Qualmerei zu tun hat, rein geschmissen und die restlichen Zigaretten habe ich zerkrümelt. Ich weiß nicht, was ich mir vorgestellt habe, als ich mir die Suchtkurve, das Programm und auch die aktuellen Beiträge im Forum einverleibt hatte. Sicherlich nicht das, was dann in den nächsten 10 Monaten auf mich zukommen sollte. Jeder Tag war Kampf und ich wusste nur eines ganz sicher, dass ich mir niemals wieder eine Zigarette anzünden kann!
Die ersten Tage waren dabei gar nicht mal so schlimm. Wie das für mich so typisch ist, bin ich immer weggelaufen, wenn der Schmacht kam. Ich bin mit der Straßenbahn gefahren oder mit dem Auto irgendwo hin oder auch nur zu Fuß gegangen und zwar immer da hin, wo sowieso nicht geraucht werden darf! Das hat mich in der ersten Zeit oft gerettet.
Was ich gesundheitlich zwischen dem Nichtrauchertitel und heute so durchgestanden habe, will ich im Einzelnen hier und heute nicht schildern. Ich konnte aber daran glauben, dass es nach 45 Jahren mit täglich bis zu 30 Giftstängeln, eben eine Weile dauert, bis auch das letzte Restchen Rauchgift zumindest soweit abgebaut ist, dass mein Körper nicht mehr ständig protestieren muss

Wenn ich das geschafft habe, dann schafft das Jeder, ganz bestimmt

So, wie ich mich heute fühle, hat sich alles gelohnt! Ich bin zwar etwas dünnhäutiger geworden, aber gleichzeitig auch selbstbewusster! Ich muss mich nicht mehr verstecken und schämen wegen der Qualmerei. Ich bin nicht mehr die Einzige im Freundeskreis, die zum Qualmen in den Garten geht! Ich bin stolz auf mich und ich bin mir sicher, dass ich jetzt zumindest eine Chance habe, zusammen mit meinen lieben Mann noch etliche Jahre unseren gemeinsamen Ruhestand zu genießen.
Ganz ehrlich, mich erfüllt eine tiefe Dankbarkeit den Fories gegenüber, die mich durch die schlimmen Wochen begleitet haben und die nicht müde wurden, mir immer wieder Mut zu machen, wenn ich mal wieder nur noch schwarze Gedanken hatte.

Ich hoffe, es ist mir niemand böse, wenn ich nicht mehr jeden Tag schreibe! Für mich persönlich, ist das ein gutes Zeichen, denn ich spüre doch, wie unwichtig das Qualmen und die Giftstängel für mich geworden sind. Das heißt natürlich nicht, dass ich nicht ganz oft ins Forum schaue und wenn ich das Gefühl habe, dass ich jemandem vielleicht helfen kann, dann versuche ich das auch.
Am 4. Mai begann das zweite Jahr meines Lebens als Nichtraucher und ich bin sicher, es wird leichter, als das Erste! Ich weiß, dass der Suchtteufel mir noch ab und an in Gestalt lange gepflegter Zigaretten-Verknüpfungen ins Ohr säuseln wird, aber bei mir hat er keine Chance mehr, heute nicht und morgen erst recht nicht.

Eines will ich den Anfängern aber noch sagen. So wie Ihr habe ich mich auch gefühlt. Zweifelnd, leidend, hoffnungslos und traurig! Wenn ich das bis hierher geschafft habe, dann schafft das Jeder, ganz bestimmt.
Ich möchte hier und heute ein dickes Dankeschön an meine Simplys-Freunde schicken, die mich unterstützt und beraten haben in der schwierigen Zeit. Ich freue mich auf Köln, denn da werde ich zumindest einige von Euch mal richtig feste in den Arm nehmen können!

Liebe Grüße Euer Stiefmuetterchen
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